Als ich mich mit Mimi und Laura über ihren digitalen Werdegang unterhielt, lernte ich, dass die „Digital Natives“, die „digitalen Eingeborenen“, nicht wie ein Stamm einträchtig ums Smartphone herum sitzen. Laura (16) und Mimi (17) machen sich schon Gedanken über die nächste Generation.
Ich lernte die Abiturientinnen bei einer Veranstaltung der Initiative D21 im Berliner Microsoft-Cafe kennen. Die beiden leben in Köln, besuchen die Kaiserin-Augusta-Schule und sollten beim Themenabend „Coding: Muss Deutschland programmieren lernen?“ zusammen mit ihrem Lehrer über ihre Erfahrungen berichten.
Angefangen hatte ihre „Coder-Karriere“ als ihr Musiklehrer Andre Spang fragte, wer im Rahmen eines Schulprojekts programmieren lernen wolle. Mimi und Laura meldeten sich. „Weil wir uns Chancen auf eine gute Noten erhofften.“ Inzwischen haben sie Spaß am Computerprogramme schreiben, können einem kleinen Roboter befehlen, wohin er zu fahren hat, wie er blinken und welche Töne er von sich geben soll.
Laura und Mimi erzählten, wie sie Spaß am Programmieren fanden.
Foto: @JanaKausch/D21
Am Rande der Veranstaltung erzählen mir die beiden ihren digitalen Lebenslauf. In der dritten Klasse bekamen sie ihr erstes Handy. Für den Schulweg. „So ein ganz altes, nur zum Telefonieren.“ Mit zwölf, dreizehn gab es dann echte Smartphones, mit Internet und allem was dazugehört. „Facebook haben wir eigentlich nur für Spiele genutzt“, meint Laura. „Verabredet wurde sich damals über SMS und Messanger“, sagen sie als würde es sich um die Steinzeit handeln.
Bei der neuen Generation, findet Mimi, sei das anders. Sie meint damit ihre zwölfjährige Schwester. „Die ist genau wie wir im Internet unterwegs. Alle kommunizieren über Snapchat, Instagram und WhatsApp.“ Deshalb kam es auch zu dem kleinen Zwischenfall vor Mimis und Lauras Auftritt in Berlin. „Die haben sich Sorgen gemacht, dass wir nicht kommen. Weil wir auf die Mails nicht geantwortet haben“, erzählt Laura. Wie Mimi hat sie eine Mailadresse. Nur guckt sie fast nie in ihr Postfach. „Denn wir kommunizieren, wie gesagt, fast nur über Snapchat und WhatsApp“, meint Mimi.
Bei Snapchat kann man Fotos verschicken, die sich nach einer bestimmten Zeit selbst zerstören. „Für Grimassenbilder oder um den Freunden zu zeigen, wo wir gerade sind.“ Eine Art ausgelassene digitale Privat-Party.
Anders die Fotos und Videos, die bei Instagram oder Vine gepostet werden und öffentlich sind. Dort geht es mehr um Selbstdarstellung, das Buhlen um Herzen und Likes.
Verabredungen, Tratsch und Knatsch werden beim Kurznachrichtendienst WhatsApp ausgetauscht. Fernab der Erwachsenen, die inzwischen den Weg zu Facebook gefunden haben, gibt es dort eine alternative Kommunikationsstruktur mit unterschiedlichen Gruppenchats.
„Es gibt viele Leute in Köln, die kenne ich nicht in echt, nur bei Instagram“, meint Laura. Die Großstadt wird zum digitalen Dorf. Und wie in jeder kleinen Gemeinde kann man schnell zum Außenseiter werden. „Man muss aufpassen, wie viel man über sich preisgibt“, sagt Mimi. Deshalb sorgt sich die 17-Jährige ein bisschen – um die Generation ihrer jüngeren Schwester. Deren Daumen können zwar genauso flink tippen, aber es fehlt ihnen doch ein Stück digitale Lebenserfahrung.
Zu mir sagen sie dann zum Abschied noch: „Ihre Tochter wird wieder eine andere Generation sein.“ In dem Moment ahne ich, dass sich auch die „Digital Natives“ manchmal schon verdammt alt fühlen müssen.