Bald wird Maria ihre ersten SocialMedia-Profile anlegen wollen. Obwohl sie inzwischen weiß, welche Dynamik Fotos und Worte im Internet bekommen können. Das macht mir leichte Bauchschmerzen. Ich will ihr nicht verbieten, sich vor dem Spiegel der des 21. Jahrhunderts in verschiedenen Posen auszuprobieren. Ich möchte sie aber davor bewahren, zu viel von sich preiszugeben. Nur wie? Dazu bekam ich in Österreich auf der Privacy Week, einer Veranstaltungsreihe vom Chaos Computer Club Wien, interessante Gedankenanstöße.
Der Vortrag hieß „Persönlich, aber nicht privat“. Michaela Wein und Uschi Fuchs, zwei Beraterinnen für SocialMedia-Kommunikation, sind überzeugt, dass Privates in sozialen Netzwerken nichts zu suchen hat. Persönliches dagegen schon. Denn jedes Foto, jeder Satz, der gepostet wird, formen das Bild vom digitalen Ich mit. Eine Möglichkeit, die man nutzen kann, wenn man die unterschwelligen Botschaften versteht, die ein persönliches Bild transportiert.
Ein Screenshot vom Handywecker beispielsweise, der auf 5 Uhr morgens gestellt ist, vermittelt Leistungsbereitschaft. Bilder von sich selbst beim Sport mit Freunden zeigen Teamgeist. Fotos vom Joggen und Radfahren Kämpferwillen und Disziplin. Wer Fotos von seinen Haustieren und seinen Liebsten postet, stellt sich damit als verantwortungsbewusst dar. Seine Allgemeinbildung zur Schau stellen kann man laut Wein und Fuchs mit Berichten von Ausstellungsbesuchen oder Lesungen. Der Laptop im Café oder die ausgepackte Laptoptasche auf dem Bett vermitteln den Eindruck von Flexibilität und Mobilität. Bewusst gewählte Bücher und Zeitschriften lassen die anderen glauben, man könne sich in seiner Freizeit sinnvoll beschäftigen, sei neugierig und wissbegierig.
Auch Profiler Suzanne Grieger-Langer meinte auf der Privacy Week bei ihrem Vortrag "Drei Daten - und jeder ist enttarnt", Persönliches passt ins Internet Die Unternehmerin und Dozentin, die unter anderem Firmen bei der Suche nach geeignetem Führungspersonal unterstützt, erklärte, dass sie nur mit Geburtsdatum, Foto und Name von jedem ein Persönlichkeitsprofil herleiten könne. Mit diesen drei Angaben könnten alle öffentlich zugänglichen Daten im Netz zusammengestellt und nach Charaktereigenschaften, Stärken und Schwächen analysiert werden. Wer gesehen werden will, der sollte im Netz seine professionellen Daten präsentieren. Aber auch Persönliches. Um sich als Mensch zu zeigen.
Es gehe nicht darum, sich in ein virtuelles Profil zu pressen, beispielsweise als Sportmuffel dauernd Joggingfotos zu posten, um als disziplinierter Kämpfer dazustehen. Vielmehr solle das digitale Ich eine Silhouette bekommen, mit der man sich wohl fühlt und im Reinen ist.
Bewusstes Posten statt kommunikativer Freizügigkeit. Das will ich meiner Tochter mit auf den Weg geben. Damit sie die Instagram & Co. nicht mit einem Tagebuch verwechselt, sondern SocialMedia als Wandzeitung begreift, an der jeder vorbeigehen kann.