Geburtstag im Museum

Fotos:Privat

Für Maria ist ihr Geburtstag beinahe so wichtig wie Weihnachten. Schon Wochen vorher überlegt sie, wen sie einladen will, und ich mache mir Gedanken, wie wir feiern wollen. Ausflug ins Grüne, Schnitzeljagd, Spiele-Programm in der Wohnung - es gibt tausend Möglichkeiten. Und in einer Großstadt wie Berlin noch mehr: Viele Museen bieten Führungen oder Events für Kindergeburtstage. Vor zwei Jahren haben wir im Naturkundemuseum zwischen Dinosauriern und Urzeit-Geschöpfen geforscht, entdeckt und gefeiert. Ein Abenteuer, von dem Maria noch immer schwärmt. Deshalb wollten wir ihr wieder einen Museums-Geburtstag schenken: Einen eigenen Trickfilm in der Deutschen Kinemathek basteln.

Am großen Tag holten wir Maria mit ihren Gästen von der Schule ab. Zehn Mädchen aus drei verschiedenen Klassenstufen. Alle aufgeregt. „Machen wir einen Trickfilm mit Minions oder mit Asterix?“, „Kommt der Film ins Kino?“,  "Wird er lang?“
Mit der U-Bahn fuhren wir zum Museum für Film und Fernsehen am Potsdamer Platz und dann mit dem gläsernen Fahrstuhl in den vierten Stock. Dort erwartete uns in einem großen Raum mit riesiger Fensterfront zum Sony-Innenhof die Referentin des Museums: Steffi.  Sie scharte die Mädchen um sich und erklärte ihnen, wie die Papp-Figuren am Boden der Trickbox Stück für Stück bewegt und mit Hilfe der darüber fest installierten Kamera Foto für Foto zum Laufen gebracht werden würden. 24 Fotos bräuchte man für eine Sekunde Trickfilm.

Auf die Frage „Minions oder Asterix“ meinte sie: „Das soll doch euer eigener Film werden, und ihr habt bestimmt ganz tolle Ideen. Erzählt doch mal“. Es sollten ein Ehepaar, eine Hexe, ein Zauberer, ein Schwein, ein Hund, ein Pferd, eine Reiterin, eine Katze und ein Hexenkessel mitspielen, es gab ein Entführung, eine Verzauberung, eine Suche, eine auf die Probe gestellte Freundschaft und – da waren sich alle einig - ein Happy End. Die Einfälle hätten für einen Kinofilm gereicht. Steffi, meine Heldin des Tages, schaffte es mit den Kindern zusammen, die Essenz aus diesem Fantasie-Rausch in sechs Szenen aufs Storyboard zu zeichnen, ohne das sich auch nur eine Ideengeberin ausgegrenzt oder benachteiligt fühlte.

Danach sollten aus Karton die einzelnen Figuren gebastelt werden. Körper, Kopf und Gliedmaßen jeweils extra, damit sie später in der Trickbox bewegt werden konnten. Die Mädchen organisierten selbstständig, wer was malen und ausschneiden sollte. Sie einigten sich untereinander, wer welche Figur bastelte, unterstützten und lobten sich gegenseitig. Maria malte den Hintergrund. Kein „meins ist aber schöner“, kein „ich kann das aber besser“, kein Streit, kein Bocken. Ich war beeindruckt von ihrem Teamgeist und ihrem Miteinander. Wer eine Pause wollte, ging ans mitgebrachte Essen, steckte sich einen Windbeutel, einen Käsewürfel oder Stück Obst in den Mund, kam zurück an den Basteltisch und machte weiter.

Als alle Protagonisten für den Film fertig auf dem Tisch lagen, wurde der Raum abgedunkelt und die Geburtstags-Gesellschaft zog an die Trickbox um. Dort konnten ein oder zwei Mädchen auf der Bodenplatte der offenen Box die Figuren animieren, zwei Mädchen saßen am Computer und drückten den Auslöser. Die anderen guckten zu oder spielten am Rande. Bewegung für Bewegung legten die Mädchen in der Trickbox ihren Film, kontrollierten, dass alle Hände die Szene verlassen hatten, bevor sie „Foto“ riefen und das Kamerateam zum Einsatz kam. Ein von Marias Freundinnen meinte erstaunt: „Ich hätte nie gedacht, dass so viel Arbeit in einem Trickfilm steckt.“

Nach insgesamt drei Stunden war der 30-Sekünder „Timi, der Retter“ fertig. Ein Beamer warf ihn wie im Kino an die Wand und dann hieß es: Film ab. Die Mädchen waren begeistert und stolz auf ihr Werk. Sie klatschten und riefen „Zugabe, Zugabe“.
 


P.S. Der Workshop kostet für zehn Kinder 150 Euro. Eine Stange Geld, aber es war ein unvergesslicher Nachmittag.