Neue Zeiten brauchen neue Helden, neue Geschichten, neue Vorbilder. Für unsere allabendlichen Vorlesemomente bin ich ständig auf der Suche danach - und wurde wieder fündig. Nach der kleinen rothaarigen Heldin aus „Hello Ruby“, die bei Mädchen und Jungen die Neugierde aufs Programmieren wecken soll, habe ich gerade Mary und Ada entdeckt. Zwei Mädchen, die im Jahr 1826 in London eine geheime Detektivagentur gründeten. Zwei Mädchen, die es wirklich gab. Die sich als Kinder zwar nicht kannten, aber später als Frauen Geschichte schrieben: Ada Lovelace als erste Programmiererin überhaupt und „Frankenstein“-Autorin Mary Shelley als Mutter der Science-Fiction.
Der Autor Jordan Stratford hat die beiden zusammengebracht und auf fantastische Abenteuer geschickt, um seine Tochter für den Zukunftswunsch „Wissenschaftlerin“ zu begeistern. „Das braucht Vorbilder - echte, historische Figuren, die die Welt mit Intelligenz und Fantasie veränderten“, meint er auf der Seite seines US-Verlages. Dass seine Detektivagentur von Mary und Ada kein Fantasiegespinst blieb, lag auch am Internet. Bei Kickstarter lancierte Jordan Stratford eine Kampagne, um die Finanzierung des Kinderbuch-Projekts anzuschieben. Und sie wurde ein voller Erfolg. Inzwischen ist „Adas und Marys unglaublich erfolgreiche Agentur für das Lösen unlösbarer Fälle“ auch in deutschen Buchläden zu finden.
Es ist ein kluges Buch, das neben der eigentlichen Detektiv-Geschichte viele Metaebenen hat.
Weil es in einer Zeit spielt, in der Bibliotheken für Frauen verboten waren und es für junge Mädchen als „unschicklich“ galt, allein auf die Straße zu gehen. Normen, über die sich die beiden Detektivinnen clever hinwegsetzen. Auch die Werke von Marys Mutter, der Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft, spielen eine wichtige Rolle. Andere Ebenen sind auch die historischen Alltagsbeobachtungen und die technischen Erfindungen der elfjährigen Ada.
Das Buch hat meine neunjährige Tochter beim Vorlesen zu Fragen angeregt. Neben denen zu möglichen Verdächtigen auch zu Rollenklischees, gesellschaftlichen Grenzen, zu Geschichte und Technik.
Am besten aber finde ich, dass beide Freundinnen – die rationale, logisch denkende Ada und die emotionale, poesieliebende Mary – ihre Talente bündeln und so gemeinsam den Fall um die gestohlene Halskette lösen.
Oder wie Ada im Buch sagt: „Neugierig sein, Vermutungen anstellen, Dinge ausprobieren, Dinge untersuchen, Variablen ordnen, neue Vermutungen anstellen. Genau das haben wir gemacht. Das ist Wissenschaft.“