Vor kurzem meinte Maria: „Mama, weißt du was für dich der Weltuntergang wäre?“ Auf mein „Wenn der Kaffee alle ist?“, sagte sie:„Nö, wenn es kein Internet gibt!!“ Erwischt. Von der eigenen Tochter. Leben ohne Internet, Twitter, Facebook, Wikipedia, Youtube & Co. kann ich mir nur noch schwer vorstellen. In der Redaktion arbeite ich zeitgleich mit zwei Bildschirmen, das Smartphone immer in der Nähe, abends den Laptop auf dem Schoß oder das Smartphone in der Hand. Die einzige internetfreie Zone ist das Abendritual mit Maria. Theoretisch.
Denn Maria hat am Abend oft noch Fragen. Fragen wie „Woran ist der, der als kleines Kind schon Klavier spielen konnte, eigentlich gestorben?“ oder „Was machen Schnecken im Winter?“ Dann hole ich eben doch kurz das Handy und google Mozarts Lebenslauf oder suche schnell nach einem Erklär-Video.
Schnell, kurz – diese Adjektive sind zu einem Wesenszug geworden. Ich checke schnell mal die Mails oder tippe eine Nachricht, scrolle mich nebenbei durch die Facebook-Timeline oder scanne kurz bei Twitter die Weltlage. Leben auf der digitalen Überholspur. Wenn ich das Smartphone Zuhause vergesse, fühle ich mich ausbremst.
Auch bei unserem Abendritual muss ich mich drosseln. „Mama, du hast mich schon wieder unterbrochen“, kriege ich gerade öfter von Maria zu hören. Sie hat Recht. Wenn sich bei mir das Gefühl einstellt, die wichtigsten Informationen erfasst zu haben, antworte ich bevor sie ihre Ausführungen beendet hat. Da Maria keine Timeline ist, nervt sie das. Dann stellt sie mir die Fangfrage „Wie wollte ich den Satz zu Ende bringen?“, und wir müssen beide lachen.
Manchmal frage ich mich, wie Maria in meinem Alter sein wird. Wie die digitale Überholspur, auf der sie bald unterwegs sein wird, ihre Konzentration und ihre Aufmerksamkeitprägen wird. Ich bin aufgewachsen in Zeiten, als Filme keine Werbeunterbrechungen kannten und werde inzwischen unruhig, wenn ich beim Film nicht mittendrin mal eben schnell in die Küche oder aufs Klo verschwindenkann. Maria wächst in einer Zeit der Eilmeldungen, WhatsApp-Nachrichten und Timelines auf - und auch die wird ihr in 30 Jahren als sehr gemächlich erscheinen.