Mit dem Einzug des Kindertablets passierte etwas Erstaunliches: Schon nach kurzer Zeit empfand unsere Erstklässlerin die digitale Spielewelt nicht mehr als etwas super aufregendes, sondern als selbstverständlich und damit gar nicht mehr so interessant. Als sie nur auf unseren Smartphones spielen und malen durfte, forderte sie ihre allabendliche digitale viertel Stunde ein. Jetzt, da sie selbst über das „Wann“ entscheiden kann, ist der Reiz des Digitalen verblasst und ihr Computer bleibt oft tagelang unangetastet auf seinem Platz liegen. Der Weg dahin lässt sich mit vier Worten beschreiben: Regeln, Reden, Vertrauen, Realität.
Die Regeln sind einfach: Bescheid sagen, wenn's auf den digitalen Spielplatz geht. Nur eine begrenzte Zeit virtuell toben (dann würde sich das Tablet dank Zeitschaltfunktion von selbst ausstellen). Den Computer nicht mit in die Schule nehmen. Und nur im Beisein eines Erwachsenen zum Strom „tanken“ an die Steckdose gehen.
Wir erklärten, warum wir diese Regeln aufstellten – sonst würden die Puppen traurig, weil sie nicht mehr mit ihnen spielt; die Freunde sauer, weil sie keine Zeit mehr für sie hätte; und sie selbst krank, weil sie nur noch in der Ecke hockt und wischt.
Und natürlich sagten wir ihr auch - Erpressung ist die halbe Kindererziehung - was die Folgen wären, wenn die Regeln gebrochen werden: Dann verschwindet der Computer eine zeitlang.
Danach gab es die magischen Worte: Wir vertrauen dir und du darfst bestimmen. Natürlich nur wann. Aber immerhin. In den Ohren einer Sechsjährigen ist „Bestimmen“ etwas ganz Großes.
Dazu kommt, dass wir weiter jede Menge analoge Angebote machten: Basteln, malen, Schule oder Pferdehof spielen, Freunde besuchen, backen oder Vorlesen. Bei der Frage „Wollen wir alle zusammen Memory spielen oder willst du computern“ hat sie sich bisher fast immer für ersteres entschieden.
Als wir letztens die Koffer packten, um in den Ferien Freunde in Spanien zu besuchen, fragte ich sie, ob ihr Computer mit soll. „Aber Mama, dann hab ich ja nicht so viel Zeit für meine Freunde. Und wenn mir langweilig ist, kann ich ja auf Papas Telefon spielen“, erklärte sie mir und bestimmte, dass ihr Computer Zuhause bleiben sollte. In diesem Moment war ich so verdammt stolz. Auf uns – und auf unsere kleine Große.