Fast vergessen und doch immer da

Ende Mai hatten wir ein Foto von Marias Puppe Anna auf eine Reise im Internet geschickt. Später kam der letzte Schultag und Freunde, Ferien und Federvieh bestimmten Marias Welt. Doch zu unserer beider Überraschung meldete sich Anna plötzlich zurück.

Wir hatten das Bild mit der Bitte losgeschickt, es mit kleinen Veränderungen zurückzusenden – kurz danach kamen dank vieler lieber Menschen die ersten Grüße aus der digitalen Welt. Maria verstand, dass man im Internet, anders als in der analogen Welt, ein Foto nicht einfach zerreißen beziehungsweise löschen kann.

Nach einiger Zeit ebbten die Nachrichten an die Puppenmutti ab, und was Maria bewegte war sehr analoger Natur: Sie durfte sich im Urlaub um ein paar Hühner kümmern und wollte lernen, wie man ein Kükenwerde-Ei von einem Frühstücks-Ei unterscheidet. Ein nahezu unmögliches Unterfangen. Auch die Puppe Anna hatte ihren Status des Lieblingsspielzeugs an Teddy den Bären abtreten müssen, und so war ihr Reisefoto fast in Vergessenheit geraten.

Doch dann lagen wie aus heiterem Himmel neue Bilder von Anna im Mailfach. Maria freute sich, sah sich jedes Foto an und las die Grüße an sie laut vor. Dann wollte sie wissen: „Woher kommen die jetzt?“ Ich hatte keine Ahnung. Und es wurden immer mehr. Es war fast ein bisschen unheimlich. Die einzige Erklärung, die ich geben konnte war: „Im Internet geht nichts verloren. Und irgendwie haben die Leute Annas Foto gefunden.“

Am nächsten Tag klärte sich alles auf. „Finger weg von unseren Kindern“, ein gemeinnütziger Verein der Jugenhilfe und Krimialprävention, hatte auf seiner gutbesuchten Facebook-Seite den Beitrag zu Annas Reise empfohlen und auch ein Foto geschickt. So konnte ich Maria erzählen, dass der Text aus meinem Blog und Annas Bild auf einer anderen Internetseite aufgetaucht waren.

„Und das merkst du nicht?“, fragte sie etwas ungläubig. „Nein mein Schatz, darüber hat man keine Kontrolle.“  Ich sagte ihr, dass dies gut sein kann, wie im Fall von Annas Reise oder etwa, wenn man für einen neuen Spielplatz kämpft und das ganz viele lesen und mitmachen. Aber, dass es auch schlecht sein kann, wenn man beispielsweise etwas böses über jemanden schreibt. „Und dann kann man es nicht mehr überall löschen, stimmts?“, kombinierte Maria und schlussfolgerte: „Da muss man ganz schön vorsichtig sein.“


Danke an alle kreativen Reisehelfer, die Annas neues Abenteuer möglich machten. Aufs Foto klicken und es geht los...