Ausflug in die Zukunft

In Marias Ferien gönnten wir uns einen Videoabend. Maria hatte sich für den Trickfilm „Die Croods“ entschieden, und so sahen wir Steinzeitpapa Grug dabei zu, wie er versuchte alles Neue von seiner Familie und seiner pubertierenden Tochter fernzuhalten. Doch die Erdplatten verschoben sich, Grugs Welt geriet aus den Fugen und löste sich auf. Keine 24 Stunden später stand ich mit Maria im DimensionAlley 3D Cafe in der Liselotte-Hermann-Straße 1 und fühlte mich ein bisschen wie der Steinzeitpapa.

Das kleine Cafe im Prenzlauer Berg ist wie ein Fenster in die Zukunft: Jeder, egal ob Designer, Student, Schüler oder Kita-Kind kann dort seine eigenen Ideen materialisieren. Neben den Cafe-Tischen stehen Computer und 3D-Drucker. Diese werden die Welt, wie wir sie heute kennen, grundlegend verändern. Der Informatiker Jaron Lanier, der das Internet mitentwickelte und gerade „Wem gehört die Zukunft“ geschrieben hat, sagte im „Zeit“-Interview: „Mit 3D-Druckern und der Hochtechnologisierung in Betrieben treten wir wahrscheinlich in ein Zeitalter der Hyperarbeitslosigkeit ein.“ Eine industrielle Revolution hat begonnen. Die Fundamente unserer Gesellschaft verschieben sich unaufhaltsam. Daten sind die neuen Bodenschätze - und Ideen.

Maria war anfangs etwas schüchtern. Ich konnte ihr kein Anker sein, stand vor den Druckern wie der Höhlenmensch vorm Feuer. Die Betreiber des Cafes kamen uns zur Hilfe: Die Engländerin Norma Barr und ihr Mann Amin Torabi haben in Berlin Prenzlauer Berg ihren Traum verwirklicht, die Werkzeuge der neuen Zeit für erschwingliche Preise jedem zugänglich zu machen. Um Ängste abzubauen, zu inspirieren und Neues zu kreieren. Ein Einzelworkshop kostet 29 Euro inklusive Druck. In den Ferien gab es ein 10-Euro-Angebot für Kinder.

Norma Barr erklärte Maria, wie sie am Computer einen Schlüsselanhänger gestalten kann und führte ihr anfangs die Hand an der Mouse. Auf dem Bildschirm entstand die Idee von Marias Unikat. Dann geschah das Unglaubliche: Der 3-D-Druck. Aus einem dünnen Plastefaden, der im Drucker zu einer Art Heizpistole geleitet wurde, dreidimensionalisierte sich vor unseren Augen Marias Entwurf zu einem Schlüsselanhänger. Es war das gleiche hektisch summende Geräusch wie bei einem Tintendrucker. Erst druckte sich eine Platte in Einhornform auf der dann ein Gitter in die Höhe wuchs. Während wir gebannt auf das kleine Spektakel vor uns starrten, erzählte Amin Torabi, dass sie auch Porzellan-, Aluminium- und Holz-Objekte drucken können. Nach weniger als 30 Minuten wurde das Gittermuster wieder zu einer ebenen Fläche – und der Schlüsselanhänger lag fertig vor uns im Drucker. Für mich ein Wunder. Für meine Sechsjährige nur „ungewöhnlich“.

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